Heiße Party
Die Luft scheint heiß und stickig zu sein. Eine fröhliche Band spielt im Partysound die „Schützenliesel“, der Solotrompeter hat Schweißperlen auf dem kahlen Kopf. Die junge brunette Dame klatscht und singt eifrig mit, dann pustet sie einmal erschöpft vor sich hin. Auf dem Tisch vor ihr steht ein Bembel mit Äppelwoi. Um den Tisch herum tanzen viele gut gelaunte Menschen. Sie pusten aber dabei nicht. Ein Untertitel im Bild verrät mir, dass ich gerade ein altes Video von der hr-Fernsehsendung „Handkäs mit Musik“ sehe. Dann holt die Kamera Hans-Reiner Schmidt ins Bild. Er ist der Bandleader. Zum schwarzen Anzug trägt er einen gelben Pulli mit gleichfarbigem Einstecktuch, er ist fröhlich, er dirigiert, klatscht und animiert. Auch er pustet nicht.
Zeitsprung. Wir sitzen im Studio 2 des hr in Frankfurt. Die Künstler der hr4-Weihnachtskonzerte sind zu unserem ersten Vorgespräch gekommen: Maria Levin, Volker Bengl, Peter Scholl, die Leiter der Camerata Vocale Dutenhofen und Teamkollegen vom hr. Hans-Reiner Schmidt leitet unser Meeting, konzentriert, ernst. Es geht um die Reihenfolge der Titel. Beginnen wir das Konzert mit einem festlichen Titel oder eher fröhlich-beschwingt? Wir entscheiden uns für einen eher fröhlich-beschwingten. „Aber wir wollen das Publikum nicht in eine falsche Richtung führen“, gibt Hans-Reiner für die weitere Reihenfolge zu beachten. Es sei schließlich kein Tanzabend mit Mitklatschnummern, den wir hier planten. „Wo Weihnachten drauf steht, da muss auch Weihnachten drin sein“, sagt er.
Erinnerungen
Ich vergleiche die beiden Männer miteinander. Den aufgedrehten aus der Fernsehsendung, die Hans-Reiner Schmidt mit seiner Band regelmäßig begleitete. Und den, der hier gerade neben mir sitzt. Und dann fällt mir noch ein dritter ein. Ich lernte ihn erstmals Ende in den 80er Jahren kennen, als er mit seinen „Hessenmusikanten“ live in der Radiosendung „Gude, Servus und Hallo“ in hessischen Musikhallen auftrat. Ich war damals als Aufnahmeleiter dabei. Und Hans-Reiner hatte immer einen flotten Spruch parat. Ja, er ist ernsthafter geworden. Und manchmal vielleicht etwas spröde. Nach der Arbeit immer noch ein Anekdoten-Erzähler mit trockenem Humor. Er kommt aus Willingshausen-Zella, früher sollen dort Mönche gelebt haben. Mit Hans-Reiner Schmidt konnten wir einen hochprofessionellen und engagierten Mann als musikalischen Leiter für die hr4-Weihnachtskonzerte gewinnen. Und seine Erfahrungen im unterhaltenden Bereich bei unzähligen Radio- und Fernsehproduktionen kommen ihm heute mehr als zugute.
Klangbilder
Vergessen wir den Mann im gelben Pulli. Und lachen wir herzhaft über die Unterhaltungssendungen der 80er Jahre mit fröhlichen Menschen, ob pustend oder nicht. Hans Reiner spielte seit 1985 im Rundfunkorchester des hr, seit 1993 im hr-Sinfonieorchester. Hinzu kommen die „Frankfurt Jazz Big Band“ und „hr Brass“. Seit einigen Jahren ist er auch Dirigent und künstlerischer Leiter der „Brass Band Hessen“. Dieses große Ensemble wird der Mittelpunkt der hr4-Weihnachtskonzerte 2014 sein. Ein ebenso spannender wie überraschender Mittelpunkt, für den die Konzepte und auch die Arrangements nicht einfach schon in den Notenmappen lagen.
Dennoch wird es in unseren Konzerten auch musikalisch etwas zum Schmunzeln geben. Zwar nicht gleich die „Schützenliesel“. Denn: „Wo Weihnachten drauf steht, das muss auch Weihnachten drin sein“. Aber anderseits lässt man sich ja auch zu Weihnachten gerne mal überraschen…